Mittwoch, 23. April 2008

Mittwoch 23.04., 28. SSW

Meine liebe Tochter,

noch hast du gar nicht das Licht der Welt erblickt, noch trage ich dich mit Stolz unter meinem Herzen und liebe dich bereits jetzt, wie ich noch nie zuvor geliebt habe.
Ein bisschen habe ich schon fast ein schlechtes Gewissen, weil bis jetzt dein Papa immer die Nummer eins in meinem Leben war. Erst dachte ich, vielleicht muss ich meine Gefühle dann aufteilen zwischen euch, aber ich glaube, es kommt einfach noch was dazu, so dass es für zwei reicht. Und solltest du mal ein Geschwisterchen bekommen wird es auch für drei reichen.

Ich denke viel und eigentlich andauernd an dich und wie es mit dir wird. Das ist auch der Grund, warum ich dir schreibe. Mir ist aufgefallen, dass ich mich schon jetzt bei dir entschuldigen muss.
Bisher habe ich immer gedacht, das wichtigste ist, dass du in eine Welt geboren wirst, in der genug Hände sind, die dich auffangen und genug Menschen die dich lieben. Das ist es auch, was ich dir garantieren kann. Das wird so sein, und da brauche ich noch nichtmal etwas für zu tun.
Aber wenn ich mich so umhöre wird mir bewusster, dass du eventuell die Tochter einer Rabenmutter wirst und sogar schon bist.

Da ist z.B. die schwangere Bekannte, die schon länger nicht mehr zum Bäcker geht, weil der die Brötchen mit der Hand anfasst, wenn er sie in die Tüte packt.
(der Kommentar deines Vaters war übrigens: „Hat der schon mal einer gesagt, dass das Huhn die Eier aus dem Hintern raus befördert“). Ich hätte mir im Leben über so etwas keine Gedanken gemacht und kann mir beim besten Willen nicht erklären, warum dir meine mit Genuss verzehrten nicht selbstgebackenen Brötchen schaden sollten.

Vielleicht weißt du es auch später zu schätzen, dass deine Eltern genau SO nicht sind und hoffentlich auch nicht werden.
In unseren Kühlschrank wird im Leben keine hypoallergene Kost wandern, sofern da keine medizinische Indikation für besteht. Bei uns wird selber gekocht, sobald sich der Rhythmus mit dir eingespielt hat und du nicht mehr nur auf Muttermilch stehst. Vielleicht auch eher, falls es mit dem Stillen nicht so klappt.

Wir werden auch keinen Koller kriegen, wenn du mal ne Schippe Dreck gegessen hast, denn wir haben es auch überlebt.
Und ja, du musst jetzt auch manchmal dadurch, dass deine Eltern Musik nicht immer in Zimmerlautstärke hören sondern auch gerne mal lauter. Aber weißt du was? Du liegst im Fruchtwasser und meine Bauchdecke ist gewaltig dick. Allein meine Darmgeräusche verursachen gelegentlich soviel von dir gehörte Dezibel wie ein laufender Rasenmäher. Ich glaube einfach nicht, dass dir unsere Musik schon jetzt eine irreparable Hochtonschwerhörigkeit zufügt. Und ich habe schon jetzt so viel Vertrauen zu dir, dass ich einfach fest daran glaube, dass du mir schon zu verstehen geben würdest, wenn du etwas absolut nicht abkannst.

Genauso wie ich mir wünsche, dass unser Leben mit dir glücklich weiter verläuft so wünsche ich mir jetzt einfach eine stinknormale Schwangerschaft und dass du in unser Leben integriert wirst. Glaube mir, langfristig ist das bestimmt besser, als wenn sich alles nur noch um dich dreht. Das wird es mit Sicherheit tun, so wie du schon jetzt ständig meine Gedanken beherrschst, aber wir wollen doch mit dir zusammen leben und nicht nur FÜR dich leben. Wir wollen dein Leben bereichern so wie du unseres, aber dafür müssen wir es schaffen, weiterzuleben und uns nicht aufzugeben.
Du schenkst mir diese wunderschöne unkomplizierte Schwangerschaft und ich schenke dir hoffentlich eine wunderscherschöne Kindheit, in der du möglichst frei von Vergleichen und Vorurteilen aufwächst statt keimfrei. So etwas finde ich viel wichtiger. Was andere reden ist meistens gar nicht so wichtig. Denk immer daran: Solange sie reden tun sie nichts schlimmeres!

Und wenn dir mal jemand sagt du bist bekloppt, dann schieb es einfach auf mich. Sag denen, dass deine Mama sich in der Schwangerschaft die Haare getönt hat. Mit Intensiv-Töner! Teilweise sogar selber! Und da kam auch Farbe auf die Haut! Bevor du anfingst in mir zu wachsen habe ich mir regelmäßig Strähnchen färben lassen, um mein Naturblond zu betonen. Ich wollte auf das Färben verzichten, weil mir die Frauenärztin davon abriet. Ich wollte aber nicht bis zu deiner Entbindung mit dunkleren Ansätzen rumlaufen. Du wirst das verstehen, da bin ich mir sicher. Darum entschloss ich mich zu einer dunkleren Tönung. Ich erntete nicht nur Missgunst, weil ich bei einigen ab sofort durchs Raster fiel, sondern auch bei denjenigen, die selbst eine Tönung in der Schwangerschaft für unverantwortlich hielten.

Das ist aber noch lange nicht das Schlimmste: Die ersten knapp drei Monate der Schwangerschaft habe ich teilweise nebenher noch in einer Kneipe gearbeitet.
Solltest du also jemals ein Bronchialkarzinom bekommen, obwohl du hoffentlich beständige Nichtraucherin warst: auch hier bin ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Schuld weil die Kneipe immer so verraucht war.

Ich hoffe sehr, du kannst mir all diese Dinge verzeihen. Schon jetzt habe ich hohe Ansprüche an dich, ich weiß. Alles was ich möchte ist, dass du nicht so verpimpelt wirst. Du sollst früh lernen, dass man sich für Dinge, die man erreichen will, einsetzen muss und selber Initiative ergreifen. Leider wirst du nie eine Mutter haben, die dir den Hintern hinterher trägt. Aber wir werden dich immer auf die Beine stellen, wenn du mal gefallen bist.
Wir werden dich nie liegen lassen, dafür lieben wir dich jetzt schon zu sehr.

Wir freuen uns auf dich!

Deine Mama

P.S. Ach ja, ich nehme auch immer noch kein Magnesium (nur Jod und Folsäure) und ich habe auch noch nicht knapp 20 EUR ausgegeben für diese winzigen drei Fläschchen Nahrungsergänzungsmittel von Hipp (glaube ich), die einer schwangeren Mutter alles geben soll, was sie braucht, allerdings dabei klammheimlich deren Geld aus der Tasche zieht.
Und ich habe auf eigene Verantwortung den Zuckerbelastungstest beim Arzt abgelehnt, weil einfach keine Anhaltspunkte für eine Schwangerschaftsdiabetes vorliegen. Und im Forum habe ich mir schon lange Feinde bei den Juli-Mamas 2008 gemacht, weil ich nach deren ganzen Werte,-Gewichts- und Größenvergleichen geschrieben habe, dass ich zum Glück ein unvergleichliches Individuum gebären werde, nämlich dich!

Keine Kommentare: